Meine Energiewende > Energieversorgung > Das PV-Kraftwerk
"Strom ist gelb und kommt aus der Steckdose." - Das dem nicht so ist wird jedem spätestens dann klar, wenn dieser einmal ausfällt. Was zu meiner Kindheit durchaus hin und wieder vorkam, ist heute eine Seltenheit geworden. Moderne Regeltechnik hält die Netzfrequenz so stabil das wir nicht einmal mehr Spannungsfilter benötien um sensible elektronische Geräte zu schützen. Insofern nicht durch einen technischen Defekt eine Trafostation ausfällt, oder ein Baggerfahrer versehentlich ein Kabel trennt, ist der Strom aus der Steckdose heute für uns so selbstverständlich wie die Luft zum atmen. Wie abhängig wir davon sind, wird uns meist erst klar wenn er weg bleibt.
Wer der Meinung ist, er wäre von der zentralen Stromversorgung nicht so sehr abhängig, dem schlage ich eine Challenge vor: Drehe einfach mal für 24 Stunden die Hauptsicherungen raus. Dann merkt man schnell wie sehr man doch vom öffentlichen Netz abhängig ist da heutzutage fast alles um uns herum Strom benötigt um zu funktionieren.
Arten von PV-Anlagen
Im allgemeinen wird zwischen 3 Arten von Photovoltaikanlagen unterschieden:
Während 2013, als ich mir meine ersten PV-Module aufs Dach klatschte, die Photovoltaikanlage weitläufig als eine äußerst kostenintensive und ineffektive Variante galt, Strom zu erzeugen, hat sich seither viel getan. Die Module sind wesentlich günstiger und Leistungsstärker geworden und auch die Akkutechnik ist heute eine ganz andere als damals noch.
Das netzgekoppeltes Kraftwerk
Damals kannte man eigentlich nur die eine Variante: Das netzgekoppelte PV-Kraftwerk. Man brauchte dafür ein Eigenheim, Gewerbeschein, Vertrag mit den Stadtwerken als Stromabnehmer, seperaten Stromzähler, usw.. Alles in allem ein gewaltiger Aufwand, verbunden mit viel Bürokratie, welcher viele abschreckte. Obwohl die Module heute weseltlich günstiger geworden sind, und es bürokratisch ein paar Erleichterungen gibt (so muss z. B. der selbst verbrauchte Stromanteil nicht mehr versteuert werden), ist die Grundthematik die gleiche geblieben. Man agiert als selbstständiger Kraftwerkbetreiber, welcher den erzeugten Strom in erster Linie den Stadtwerken verkauft.
Stecker-PV
Meine 2013 selbst errichtete Anlage fiel in die zweite Kathegorie, Eine Stecker-Anlage welche lediglich zur Deckung der Grundlast meines Haushaltes diente und in den Endverbraucher-Stromkreis einspeist:
Jeder Haushalt hat einen gewissen Grundverbrauch. Bei uns schwankt er z. B. um die 300 bis 400 Watt, auch wenn alle Geräte aus sind. Dieser resultiert aus dem Standby-Verbrauch diverser Haushaltsgeräte, noch in Steckdosen befindlichen Steckernetzteilen, IT-Infrastruktur wie Router, Netzwerkswitches, usw., Kühlschrank, Kühltruhe, Radiowecker, Heizungspumpe, uvm. Die Liste der Geräte, welche dauerhaft immer etwas Strom verbrauchen ist lang. Und das Summiert sich zu eben solch einer Grundlast zusammen und führt dazu das der Stromzähler nie wirklich still steht.
Vor 10 Jahren hatte noch niemand etwas von "Balkonkraftwerken" gehört. Solange sicher gestellt wurde das der Zähler nicht rückwärts dreht, krähte da kein Hahn nach. Von den Stadtwerken gab es nur ein müdes "Ok, schön für Sie", als wir angaben das wir in Zukunft weniger Strom verbrauchen würden weil wir einen Teil aus Photovoltaik decken, Und beim Marktstammdatenregister war die Möglichkeit eine Anlage einzutragen, welche nicht einspeist, schlicht nicht gegeben.
Heute, wo sich gefühlt jeder zweite ein "Balkonkraftwerk" an den Fenstersims heftet, sieht die Sache schon ganz anders aus. Die Anlagen müssen angemeldet werden sonst drohen da empfindlich hohe Strafen. Auch die Maximalleistung socher Anlagen ist klar geregelt und auf derzeit 600 Watt (demnächst 800 Watt) beschränkt. Dieser Wandel brachte mich dazu umzurüsten und beförderte meine Installation direkt in Kathegorie 3:
Inselanlage
Ursprünglich kannte man Inselanlagen eher von Wohnmobilen oder aus Schrebergarten-Anlagen. Man nehme 2 Module, eine alte Autobatterie, und schwupps, konnte man paar Lämpchen leuchten lassen. Kleiner Spannungswandler dazu und man konnte sogar den Fernseher oder einen Kühlschrank anschließen. Das ganze vollkommen frei von Anmeldungsverpflichtungen oder behördlichem Regelwahn.
Nunja, nichts anderes mache ich heute auch, nur halt paar Nummern größer. Die Batterien speichern viele Kilowattstunden, geladen werden diese von weitaus mehr als nur zwei PV-Modulen und die Spannungswandler sind Batteriewechselrichter mit insgesamt 15KW Leistung. Also groß genug um ein Haus (mit kleinen Abstrichen) zu versorgen.
Vorausgesetzt die Inselanlange ist auch eine reine Inselanlage, ohne Anbindung ans öffentliche Stromnetz, benötigt man auch weiterhin keine Anmeldung. Aber Vorsicht: sobald die Anlage Netzparallel betrieben wird, Also auch Nulleinspeisung (das Heißt, die Wechselrichter regeln den eingespeisten Strom genau auf ein Maß das am Stromzähler die Summe der gemessenen Ströme gleich Null ist) ist anmeldepflichtig und zählt nicht mehr als Inselanlage. Somit fallen die meisten Solaranlagen mit Batteriespeicher nicht mehr unter die Inselanlagen, sondern sind nur Netzgebundene PV-Kraftwerke mit Batteriepuffer zur Erhöhung der Eigenverbrauchsquote. Nur wer das öfftliche Stromnetz komplett abtrennt, also Schalter aus, Stecker raus, etc... egal wie, Hauptsache die Leitung ist wirklich unterbrochen, der hat wirklich eine Inselanlage!
Bei einer reinen Inselanlage spart man sich zwar sämtliche Anmelde-Formalitäten und Genehmigungen, muss aber mit gewissen Abstrichen leben. Ein wesentlicher Punkt ist, das die Menge des zur Verfügung stehenden Stroms nicht endlos ist. Zum einen ist die Stromstärke durch die Wechselrichter begrenzt. Bei mir sind es z. B. ca. 4000 bis 5000 Watt je Phase, abhängig von der Temperatur. Hört sich zwar erstmal viel an, ist aber gerade beim Kochen ganz schnell erreicht. Heizt z. B. der Backofen auf und dazu schaltet auf der gleichen Phase noch der Küchenboiler dazu, dann kommt noch kurz ne Warnung das die Maximale Dauerlast überschritten wurde. Reagiert man dann nicht ganz schnell und schaltet eines von beidem aus, dann reagiert der Wechselrichter für einen und man steht erstmal im Dunkeln. Das lässt sich zwar weitestgehend ausgleichen indem man die Stromverbraucher entsprechend auf den Phasen verteilt und Vorrangschaltungen verbaut (also wenn Ofen an, dann Schaltsteckdose vor Boiler aus). Aber man stößt dennoch immer wieder an die Grenzen der Anlage. Klar könnte man alles so groß dimensionieren das man die Grenzen nicht erreicht, ist aber auch alles eine Kostenfrage.
Auch ist die zur Verfügung stehende Strommenge begrenzt. Scheint keine Sonne und die Batterie ist leer... tja, Pech gehabt. Gerade im Winter ist man hier sehr begrenzt während man im Sommer Strom im Überfluss hat.
Diese Einschränkungen machen die Inselanlage fürs Haus eher zu etwas für Technik-Enthusiasten und Bastler, die sich möglichst unabhängig vom öffentlichen Stromnetz machen wollen. Für die Otto-Normalverbraucher ist es meist einfacher, kostengünstiger und wirtschaftlicher eine ganz normale PV-Anlage zu betreiben und den Überschuss an die Stadtwerke zu verkaufen.
Allerdings erlangt man durch so eine Inselanlage auch eine gewisse Unabhängigkeit. Kommt es zu Stromausfällen, fließt der Storm in den eigenen 4 Wänden weiter und auch Preiserhöhungen interessieren einen nicht mehr.
Fazit
Letztendlich muss jeder für sich selbst entscheiden was für ihn das richtige ist. Ohne Wohneigentum und geeignete Dachflächen ist sicher das Balkonkraftwerk eine gute Alternative. Stehen einem Dachflächen zur Verfügung, ist es eine Frage dessen was man will und wieviel Platz man hat. Will man einfach die Stromkosten senken oder gar an der Erzeugung verdienen, oder strebt man eher eine Unabhängigkeit an und ist bereit dafür auch etwas mehr auszugeben. Das muss jeder für sich selbst ausrechnen.